![]() 14. Mai 1902 |
Im Jahr 2022 feiert der ASV Durlach sein 120-jähriges Jubiläum. Dabei wird
gewiss noch in anderem
Rahmen über die wechselvolle Geschichte des Vereins, der in den 1950er Jahren zu
den etablierten
Clubs der Zweiten Liga gehörte, zu berichten sein. Für den Moment wollen wir
einen Blick ins
Gründungsjahr 1902 werfen.
Wie sah Durlach damals aus? Die Straßenbahn fuhr noch nicht bis zur Endstation,
das kam erst 1914,
der Bahnhof war noch nicht gebaut, das geschah erst 1911, und schon gar nicht
gab es die heutige
Brücke der Durlacher Allee zum Durlacher Stadteingang. Bahnlinie und Bahnhof
befanden sich dort,
wo heute die Straßenbahn Richtung Wolfartsweier-Nord abbiegt. Zwei große
Industriebetriebe
beherrschten die Arbeiterstadt Durlach: die Nähmaschinenfabrik Gritzner mit rund
2.700 Arbeitern
und die Badische Maschinenfabrik Sebold mit rund 700 Mitarbeitern. Die hatten
aber bei einem
12-Stunden-Tag kaum Zeit und Muße, einen Fußballverein zu gründen. Da mussten
schon die
Gymnasiasten und junge Handwerker herhalten, die mehr Freizeit zu haben
schienen. Inspiriert waren
sie vom Pioniergeist des Walter Bensemann, der seit 1889 in Karlsruhe gelebt
hatte und in Karlsruhe
den „Karlsruher Footballclub“ sowie später (1891) den Karlsruher FV gegründet
hatte. Später gelang
Bensemann sogar die Gründung des „Kicker“, des bis heute existierenden
Fußball-Fachmagazins.
Hinzu kam, dass die Durlacher Gymnasiasten sich mit dem Turnwart des Durlacher
Turnvereins
verkracht hatten, der kein Verständnis für den Fußball zeigte. Das „englische
Spiel“ zeigte sich auf
Dauer attraktiver. Man wollte selbst organisiert sein. Am Mittwoch, dem 14. Mai
1902, fand im
Gasthaus Pflug in Durlach die offizielle Gründung des FC Germania Durlach statt.
Die Gründer hießen
Karl Eisinger, Karl Korn, Fritz Steinbrunn, Karl Schwander, Ludwig Kramb, Emil
Theurer, Franz Lerch,
Gustav Knappschneider, Karl Baum und Wilhelm Kälber. Karl Eisinger war der erste
Vereinsvorsitzende.
Doch wo Fußball spielen? Auf dem Durlacher Schlossplatz hatte es die
Militärverwaltung verboten
(die Karlsburg diente damals als Kaserne). Dann diente der Rintheimer
Exerzierplatz als Spielfeld,
wo man Tore und Eckfahnen stets mitbringen und wieder nach Hause tragen musste –
40 Minuten
Fußweg... Erst im Jahre 1906 bekam man von der Durlacher Stadtverwaltung einen
Platz Ecke Auer
Straße/Karlsruher Allee zugewiesen. 1910 war auch dort Schluss. Auf dem
Territorium errichtete die
Firma Sebold bis 1923 Wohnungen für ihre Arbeiter. Also musste man sich in die
Untermühl (Brüchle)
verziehen, wo man bis 1945 Fußball spielen konnte, sofern dies die von zwei
Weltkriegen diktierten
Bedingungen überhaupt zuließen.
Eine Frage bleibt (für heute) noch: Was hat der ASV mit dem FC Germania Durlach
zu tun? Bei
Kriegsende 1945 existierten in Durlach als Fußballvereine nur noch der FC
Germania und der VfR
Durlach; letzterer war 1926 gegründet worden. Andere Durlacher Fußballvereine,
wie Phönix,
Frankonia und Viktoria Durlach, hatten sich aufgelöst oder waren, wie der
Arbeitersportverein,
verboten worden. Es war der Wille der Vertreter von Germania, VfR und
Arbeitersportverein, den
Fußball in einem Verein zu organisieren. Zudem repräsentierten die Turnerschaft,
die Turngemeinde,
der Schwimmverein und der Wassersportverein die anderen (damaligen) Sportarten
unter dem Dach
des ASV, der schon am 8. September 1945 zusammengeführt wurde. Am 3. April 1947
beschloss der
ASV in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, aus Gründen der
sportlichen Tradition das
Jahr 1902 als Gründungsjahr zu führen. In § 3 der damaligen Satzung hieß es:
„Die Vereinsfarben sind
blau-weiß.“
Und in Trikots und Hosen dieser Farbe haben die Mannschaften des ASV in den
Jahren
danach zahlreiche Erfolge erringen können. Übrigens: Der FC Germania spielte in
rot-schwarz.
Doch darauf wird der ASV noch in besonderer Weise zurückkommen.
Quelle aus "Halbzeit" Stadionheft: Jan Dirk Rausch.I